Die Geschichte des Parkwächterhauses im Lietzenseepark

Der Lietzenseepark
„Wir müssen es neidlos anerkennen, dass mit dieser prachtvollen, tief durchdachten Schöpfung am Ufer des Lietzensees sich der Gartendirektor Erwin Barth in die erste Reihe der Meister unserer schönen Gartenkunst gestellt hat“
(Paul Klawun, Gartengestaltung. Wanderungen am Ufer des Lietzensees in Charlottenburg, in: Die Gartenwelt, 1922, 25, 26.)

Der See im Park, der Lietzensee, wurde nach dem Dorf Lietzow bzw. Lützow benannt, welches 1705, in Gedenken an die im selben Jahr verstorbene Königin Sophie-Charlotte, in Charlottenburg umgetauft wurde und Stadtrecht erhielt. Der Lietzensee ist ein natürlicher See, eingebettet in einer Schmelzwasserrinne der Eiszeit und der nördlichste in der sogenannten Grunewaldseenkette, die sich zwischen Spree und Havel erstreckt.

Das Areal um den Lietzensee herum wurde 1824 vom späteren preußischen Staats- und Kriegsminister Job von Witzleben erworben, der hier bereits erste öffentliche Parkanlagen anlegen ließ. Zeitzeugenberichten zufolge fand man dort eine romantische Naturlandschaft vor, die weit vor den Toren der Stadt Berlin ein schönes Ausflugsziel für das Wochenende bot. „Es war wirklich sehr idyllisch in dem verwilderten Witzlebenschen Park. Halbverfallene Statuen, umrankt von Efeu, mit Entengrütze überwucherte Weiher, auf denen sich viele Enten und Schwäne verlustierten, und Wege, die eigentlich keine genannt werden konnten, just das Milieu für verliebte Leute und solche, die es werden sollten. (So zitiert Irene Fritsch in „Leben am Lietzensee“, S. 41, den Bildhauer Max Kruse).

Durch die Aufschüttung eines Dammes quer über den See wurde dann in den Jahren 1904/1905 die heutige Form, mit einer Nord- und einer Südhälfte, die nur durch einen schmalen Kanal unterhalb einer Brücke miteinander verbunden sind, geprägt.  Die auf dem Damm verlaufende Neue Kantstraße schaffte so eine Verbindung in die äußeren Vororte.

Erwin Barth (Gartendirektor von Charlottenburg 1912-1926) übernahm schließlich nach mehreren Besitzwechseln 1912 die Verantwortung für den Park. Nach dem 1. Weltkrieg werden Forderungen verschiedener Vereine und Organisationen geäußert, dass die Seeufer im Berliner Stadtgebiet für Erholungszwecke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Das bis dahin noch nicht erschlossenen Bauland am Lietzenseepark, eine Parzellierung war schon vorhanden, ging schließlich, auch aus Mangel an Investoren, 1919 zurück in öffentliche Hand. Erwin Barth verwandelt den Lietzenseepark nun in einen zentralen Naherholungsort für Jung und Alt im lebendigen Charlottenburg zwischen den Weltkriegen. Ihm standen dabei zahlreiche Notstandsarbeiter aus Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die damals zahlreichen Arbeitslosen zur Seite. Aus Mangel an Allem in dieser Zeit ist auch das Baumaterial oft improvisiert. Aus „Park Witzleben“ wird der „Lietzenseepark“.

Ein in Barths Zeit formuliertes Credo, die öffentliche Nutzung der städtischen Grünflachen zu nutzen, „…um Einwohner gewissermaßen heimischer und sesshafter zu machen, also auch als eine Möglichkeit, um die aus Einzelnen bestehende Bevölkerung zu einer zusammengehörigen Gemeinschaft umzuformen.“ (Land und Wenzel: Heimat, Natur und Weltstadt. S.65) wird hier realisiert. Der Lietzenseepark steht allen Teilen der Bevölkerung gleichfalls zur Verfügung.

Da die Wiesen im Park damals nicht zu betreten waren, richtet Erwin Barth, neben einem Spielplatz, der unterhalb der Neuen Kantstraße Ecke Wundstraße gelegen war und heute ein Fußballplatz ist, die großzügige „Volks- und Spielwiese“ auf dem Areal ein, das wir heute als den Großen Spielplatz im nördlichen Teil des Parks kennen.

Das Parkwächterhaus wurde schließlich 1925 nach Plänen des Charlottenburger Magistratsbaurats Rudolf Walter von der Mauerei & Zimmerei August Spahr angrenzend an die „Volks- und Spielwiese“ errichtet. Das charmante Haus am damaligen Königsweg, heute Wundstraße 39, wurde im EG mit öffentlichen Toiletten für Damen und Herren, einem Raum für die Parkverwaltung sowie einer Verkaufsstelle für Milch und Mineralwasser ausgestattet, im 1. OG befand sich eine Dienstwohnung für den Parkwächter. Ganz in der der Nähe zum Lietzenseepark finden sich noch heute weitere Bauten von Rudolf Walter, der von 1900 in der Charlottenburger Bauverwaltung tätig war und dort 1926 Magistratsoberbaurat wurde. Andere bekannte Gebäude sind, z.B. die Aufbauten der Lietzenseebrücke, das Gebäude der heutigen Lietzenseegrundschule, die ehemalige Bedürfnisanstalt am Amtsgerichtsplatz, heute eine Creperie, und das ehemalige Ledigenheim in der Danckelmanstraße 46-47, heute ein Studentenwohnheim.

Das Haus im Park wurde 1971 im unteren Stockwerk etwas verbreitert, so dass seitdem die ehemals freistehenden seitlichen Säulen nun die Begrenzung des äußeren Mauerwerks bilden.

Im Untergeschoss befand sich bis 2012 ein kleiner Kiosk und öffentliche Toiletten, die bis in den Herbst 2014 mehr oder weniger regelmäßig den Parkbesuchern zur Verfügung standen. Zuletzt nutzte das Gartenbauamt die oberen Stockwerke als Aufenthaltsräume.

Das Gebäude ist heute ein denkmalgeschützes Baudenkmal im Ensemble der ebenfalls denkmalgeschützen Gartenanlage Lietzenseepark.